Dr. Matthias Langen VIII o 1-1 kenne ich als lebensfrohen, aktiven Menschen, der vielseitig interessiert ist. In seiner Vergangenheit als Kinderarzt hat er viel Gutes bei der jungen Generation bewirkt. Heute ist er unter anderem politisch sehr aktiv.
Die grosse Flut in diesem Jahr hat ihm und seiner Lebensgefährtin Bärbel stark zugesetzt.
Im Folgenden berichtet er über seine Erlebnisse während der grossen Flut 2021 in Erftstadt-Liblar.
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 wurde ich gegen 3:00 Uhr morgens durch ein lautes Wasserrauschen geweckt. Es bestand totale Dunkelheit, da alle Jalousien im Haus heruntergelassen waren und die Straßenbeleuchtung in toto ausgeschaltet war.
Da ich zunächst an einen Rohrbruch dachte, wollte ich mich umgehend in das Untergeschoß, d. h. in die Räumlichkeiten des Souterrains begeben, wo der Haupthahn der Trinkwasserzuleitung von der Straße angebracht ist. Ich kam aber nur wenige Stufen weit, da mich tosendes, schmutzig–braunes Wasser schon bis zur Hüfte umflutete.
Innerhalb der kommenden Stunde war das ganze 158 qm große Untergeschoß bis auf eine Höhe von 1,80 m mit dem von außen eingedrungenen Schmutzwasser angefüllt.
Ein höheres Ansteigen wurde lediglich dadurch verhindert, dass das Wasser, als es das Rasenniveau des Gartens erreicht hatte, von dort in Richtung Straße (Dechant-Linden-Weg) abfließen konnte. Somit blieb mein eigentlicher Wohnbereich im Stockwerk darüber verschont.
Zusammen mit dem Wasser des überbordenden Mühlengrabens floss die Brühe wie ein kleiner Fluss abwärts und tangierte alle Häuser rechts und links des Dechant-Linden-Wegs in unterschiedlicher Weise mehr oder weniger stark. Einige Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft sind in dem kieshaltigen Untergrund in toto bis zu 15 cm abgesackt. Die Bewohner wachten nachts mit nassem Po in ihren Betten auf, als der Wasserspiegel das Schlafzimmer erreicht hat. Wie schrecklich, wenn alle privaten Besitztümer wie Holzmöbel, Smoking, Brautkleid, Briefmarkensammlungen etc. in einer Nacht für immer verloren sind.
Da ich das Untergeschoss nicht als Keller verwende, sondern als bewohntes Souterrain mit vielen einzelnen Zimmern einschließlich Gästezimmer und meinem Arbeitszimmer und einer erst kürzlich mit hohem finanziellen Aufwand errichteten separaten, voll ausgestatteten 32 qm großen Einliegerwohnung! vermietet habe, sind mir durch diese Umweltkatastrophe erhebliche materielle Schäden entstanden.
Glücklicherweise hatte Matthias viele Helferlein die unterstützten, um dem Chaos Herr zu werden.
Sämtliche Türen im Untergeschoß sind aus den Angeln gehoben worden, zwei antike Schränke mit teilweise kostbarem Inhalt an Haushaltswaren und zwei Regale mit Akten schwammen zertrümmert in der braunen Brühe, ebenso wie der Gefrierschrank, zwei Waschmaschinen, der Trockner und die Entsalzungsanlage in Vorratsraum Nr. 7. Da die FRITZ-Box von der Wand gerissen worden ist, ist der Festnetzanschluss (02235-922587) tot.
Der 8.000 L-Öltank ist durch das Wasser an die Decke gedrückt und so beschädigt, dass er nicht mehr zum Einsatz kommen konnte. Ölverlust ist glücklicherweise nicht eingetreten. Inzwischen wurden 3.200 Liter Rest-Öl fachmännisch aus dem Tank abgelassen und der Tank stillgelegt.
Der Öl-Brenner war durch den Wasserstand ebenso unbrauchbar überflutet wie die elektrischen Zähler an der Wand im Vorratsraum. Er ist inzwischen entfernt worden und durch einen Gasbrenner ersetzt worden. Die Erneuerung von Öl auf Gas wurde durch Leitungsverbindung von der Straße zum Haus im Oktober 2021 bewerkstelligt.
Die Gasheizung ist jetzt seit dem 5. November 2021 in Betrieb. Wir können wieder spülen und nach langen Wochen der Entbehrung auch duschen.
Nachdem inzwischen alle 158 qm Fliesen vom Boden und der Putz von den Wänden entfernt worden sind, bemühen sich noch immer 4 Bautrockner die Restfeuchtigkeit aus dem Boden und den Wänden zu bekommen. Regelmäßiges Leeren der gefüllten Behälter so etwa 2-3mal in 24 Stunden hält Bärbel und mich auf Trab.
Als Nächstes steht jetzt die völlige Neuverlegung der gesamten elektrischen Anlagen ins Haus. Danach die Neugestaltung des Bodens und die Verputzung der Wände, nicht zu vergessen den Einbau von 8 Türen mit Zargen. Auch gedenke ich, die total demolierte Einliegerwohnung ebenfalls wieder aufzubauen und einzurichten. Die frühere Mieterin wartet schon händeringend auf die Fertigstellung.
Bleibt noch die Frage einer finanziellen Unterstützung.
2.000 € habe ich kurz nach dem Ereignis ohne viel Bürokratie als Notfallhilfe von unserer Gemeinde Erftstadt erhalten.
8.300 € habe ich aus dem 8 Millionen-Spendentopf Erftstädter Bürger erhalten.
Da ich keine Elementarversicherung abgeschlossen hatte, darf ich noch mit einer weiteren Summe aus dem von Herrn Armin Laschet versprochenen 30 Mrd. Notfalltopf des Bundes und der Länder für Wiederaufbauhilfe rechnen.
Abschließend darf ich vermitteln, dass Bärbel und ich das Flutunglück physisch und psychisch einigermaßen wohlbehalten überstanden haben und hoffnungsfroh in die Zukunft schauen.
Besonders danke ich Bärbel dafür, mit welcher inneren Bereitschaft und Tatenkraft sie die regelmäßigen Autofahrten ins 30 km entfernte Königsdorf bei Tag und Nacht geschultert hat, um dort nicht nur ihren eigenen Haushalt zu managen, sondern auch mich und meine hier angefallene Wäsche wegen weggespülter Waschmaschine und Trockner liebevoll versorgt hat.
Lieber Matthias,
Große Katastrophen werden oft erst am Einzelschicksal greifbar und verständlich. Noch klarer wird es, wenn man die Betroffenen kennt. Vielen Dank für die Offenheit und das Teilen Deiner Erfahrungen.
Gibt es irgendetwas, was die Familie tun kann? Wie kann man Euch unterstützen?